Die letzte Stadtratssitzung vor der Sommerpause hatte es noch einmal in sich. 22 Beschlussvorlagen standen auf der ausgereichten Tagesordnung zur Abstimmung, vier Informationsvorlagen und 17 Beschlussanträge. Im Laufe der Sitzung wurden insgesamt eine Beschlussvorlage und fünf Beschlussanträge abgesetzt oder noch einmal in die Ausschüsse zurückverwiesen. Ein langer Sitzungstag ist es trotzdem geworden. Damit der Wahlausschuss für die Schöffenwahl für die Amtsperiode 2024 bis 2028 vollständig gewählt werden konnte, wurde der Stadtrat nach der ordentlichen Sitzung noch einmal zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen.
Auf der Internetseite der Stadt Chemnitz können die einzelnen Beschlussvorlagen und Beschlussanträge noch einmal eingesehen werden.
*Beschlussvorlagen*
Aus der langen Tagesordnung sind nachfolgend verschiedene Beschlussvorlagen aufgeführt.
*Wahlkreiseinteilung für die Stadtratswahl 2024, Vorlage: B-099/2023*
Für die Kommunalwahl im Jahr stehen die Wahlkreise für das Stadtgebiet Chemnitz jetzt fest. Gegenüber der Kommunalwahl 2019 gibtes territorial keine Veränderungen. Gewählt wird am 09.06.2024. Es gibt also wieder acht Kommunalwahlkreise, denen wie schon 2019 die entsprechenden Stadtteile zugeordnet sind.
*Integriertes Klimaschutzprogramm für die Stadt Chemnitz, Fortschreibung 2023, Vorlage: **B-075/2023*
Auf 184 Seiten ist der anstehende Aufgabenkatalog für das „Integrierte Klimaschutzprogramm der Stadt Chemnitz“ in Text, Tabellen und Abbildungen dargestellt. Mit Blick auf die vier vorhergehenden „Energiepolitische Arbeitsprogramme“ (EAP 2011, 2014, 2017, 2022) lässt sich feststellen, dass in der Stadt Chemnitz schon viele Einzelmaßnahmen auf den Weg gebracht wurden und auch messbare Veränderungen mit sich gebracht haben. Der European Energy Award in Gold ist nicht vom Himmel gefallen, sondern Beleg für die spürbaren Fortschritte im Klimaschutzbereich.
Im Rahmen des Pariser Klimaabkommens von 2015 haben sich die Kriterien noch einmal verändert. Das bedeutet auch für die Stadt Chemnitz, das Klimaschutzprogr amm noch einmal neu zu justieren. Eine Realisierbarkeit wird zunehmend auch davon abhängen, welche finanziellen Mittel der Bund bereitstellt. Land und Kommunen werden den großen Kostenblock nicht stemmen können. Gerade bei verpflichtenden Maßnahmen sollte die Mittelbereitstellung durch den Bund weitestgehend kostendeckend sein.
Bleibt ein hoher Eigenanteil bei den Ländern und Kommunen als Finanzierungsbestandteil bestehen, ist man bei Ländern und Kommunen zwangsläufig dazu genötigt, andere Projekte oder Förderungen einzuschränken oder komplett im Haushalt zu streichen. Schon der letzten verabschiedeten kommunalen Haushalte haben gezeigt, dass der Handlungsspielraum an vielen Stellen erschöpft ist.
*Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Chemnitz, Vorlage: B-218/2022*
Die Beschlussvorlage wurde bereits am 13.01.2023 ausgereicht. Sowohl die Fraktionen als auch die Ortschaftsräte stehen der Neufassung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts gespalten gegenüber. So bleibt festzustellen, dass die Konzeption an verschiedenen Stellen aufgeweicht wurde. Die Wirksamkeit insgesamt wird von uns als CDU-Ratsfraktion in Frage gestellt. Letztendlich konnten auch in der Stadtratsdebatte die strittigen Themen nicht abschließend geklärt werden. Die Vorlage wurde im Ergebnis in den Ausschuss zurückverwiesen.
*Strategie und Kriterienkatalog für die Bewertung von geeigneten Flächen zur Ansiedlung von Photovoltaikanlagen im Stadtgebiet von Chemnitz, Vorlage: B-266/2022*
Der lange Titel der Beschlussvorlage lässt erahnen, dass die Meinungen der Entscheidungsträger zum Inhalt sehr weit auseinanderliegen können. Was ist eine wirkliche Strategie? Welche ist geeignet? Was sind denn nutzbare Kriterien oder was versteht man unter „geeigneten Flächen“?
Man soll die vorhandenen Potentiale im öffentlichen Raum nutzen. Diese Aussage stellt niemand in Zweifel. Allerdings wurde insbesondere von uns kritisiert, dass landwirtschaftliche Nutzflächen der Photovoltaik geopfert werden sollen. Die Stadtverwaltung hat die Bedenken ernst genommen und in einer zweiten Änderung die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen explizit ausgeschlossen.
Link Pressemitteilung der Stadt Chemnitz
*3. Baubeschluss für Hochbaumaßnahmen 2023 – Herrichtung Anbau und Schaffung eines zweiten baulichen Rettungsweges an der Grundschule Mittelbach, Vorlage B-077/2023*
Nächstes Jahr gibt es in Mittelbach einen besonderen Grund zum Feiern.
Nach nunmehr 10 Jahren wird tatsächlich ein Herzenswunsch der Mittelbacher erfüllt. Die Herrichtung des Anbaus im Rahmen und die Errichtung eines zweiten baulichen Rettungsweges an der Grundschule Mittelbach kann endlich realisiert werden. Der Stadtrat hat eine entsprechende Beschlussvorlage einstimmig verabschiedet. In den letzten Jahren war das Abstimmungsverhalten noch deutlich anders.
Jetzt kann also endlich mit den Sanierungsmaßnahmen begonnen werden und auch ein Ende ist in Sicht. In der Vorlage legt man sich bereits terminlich fest. Die Übergabe bzw. Inbetriebnahme soll am 02.12.2024 erfolgen.
Noch vor neun Jahren hätte das niemand für möglich gehalten. 2014 hatte die Stadtverwaltung Chemnitz noch andere Vorstellungen. Der Anbau sollte entgegen der Stellungnahme des Ortschaftsrates abgerissen werden. Man sah bei der Stadtverwaltung keinen Bedarf. Das Meinungsbild änderte sich im Zeitraum der Sanierung der Grundschule bis Ende 2017. Plötzlich kam man zu der Erkenntnis, dass die vorhandenen Flächen doch nicht so unentbehrlich sind. Es ist in diesem Zusammenhang völlig nachvollziehbar, dass der Ortschaftsrat jetzt auch auf eine Sanierung dieses Gebäudeteiles drängte.
Bereits in Vorbereitung der Haushaltsverhandlungen für den Haushalt 2019 war sich unsere Fraktion mit dem Ortschaftsrat in Mittelbach einig, dass die Bereitstellung der Mittel für die Sanierung des Anbaus als Änderungsantrag eingebracht werden sollte. Unsere Stadträtin Solveig Kempe und Ortsvorsteher Gunter Fix hatten dazu Anfang Dezember 2018 die entsprechenden Abstimmungsgespräche geführt. Der Ortschaftsrat stellte den erforderlichen Änderungsantrag ein und warb bei anderen Fraktionen um Zustimmung. Die Höhe der Sanierungskosten wurden 2018 noch mit 550.000 € veranschlagt. Die Enttäuschung nach der Haushaltssitzung am 19.12.2018 war bei den Einwohnerinnen und Einwohnern von Mittelbach und unserer Fraktion entsprechend groß. Mit 18 Ja-Stimmen, 29 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen wurde der Änderungsantrag des Ortschaftsrates Mittelbach abgelehnt.
Eine Verankerung im Doppelhaushalt 2021/2022 konnte in den Haushaltsverhandlungen noch nicht erfolgen. Erst im Laufe des Jahres 2022 ist es dann doch gelungen, das Projekt auf den Weg zu bringen. Die Finanzierung der Maßnahme speist sich aus der überplanmäßigen Mittelbereitstellung des Beschlusses B-248/2022 und dem Projekt “Öffentliche Plätze” für die Kulturhauptstadt 2025. Preiswerter ist die Baumaßnahme jedoch nicht geworden. Mit den neu veranschlagten 1.125.000 € hat sich der Finanzbedarf mehr als verdoppelt. In der Vorlage ist die Historie noch etwas näher erläutert. Ein Auszug ist nachfolgend eingefügt.
(Auszug aus der Vorlage)
In den Jahren 2015-2018 wurde das Schulgebäude in Mittelbach brandschutztechnisch ertüchtigt. Im dafür erstellten Brandschutzkonzept war eine der vordringlichsten Forderungen die nach einem 2.baulichen Rettungsweg. Dafür sollte der östliche Schulanbau aus den 80er Jahren des 20.Jhd. abgebrochen und eine Fluchttreppe am Giebel als 2. Rettungsweg errichtet werden. Während dieser Baumaßnahme wurden die Räume im Anbau als Ausweichflächen genutzt. Im Verlaufe der Maßnahme traten jedoch gravierende Mängel u.a. im Bereich der Geschossdecken des Schulgebäudes zu Tage, so dass das zur Verfügung stehende Budget nicht mehr für den Abbruch und den Neubau der Fluchttreppe reichte.
Als Übergangslösung wurde der 2. bauliche Rettungsweg über eine Gerüsttreppe im Schulhof sichergestellt. Die Mittel für die Vollendung der brandschutztechnischen Maßnahmen stehen jetzt zur Verfügung, so dass die ehemals vorgesehene Maßnahme des 2.baulichen Rettungsweges nun umgesetzt werden kann. In Vorbereitung der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 wurde mit dem Ortschaftsrat die Errichtung eines Mehrzweckraumes für die gemeindliche Nutzung diskutiert. Als möglicher Standort wurde der leerstehende Anbau der Schule vorgeschlagen, da der Ortschaftsrat die Räumlichkeiten zu einem früheren Zeitpunkt bereits für solche Zwecke genutzt hatte. Da die Schule raumseitig keine größeren Flächen zusätzlich benötigt, wurde untersucht, ob sich beide Maßnahmen nicht in dem Anbau umsetzen lassen.
Es wurden verschiedene Varianten des Umbaus geprüft, um eine kostenseitig und funktionell ausgewogene Lösung zu erzielen. Letztendlich wurde der ehemals geplante Abbruch des Anbaus verworfen und dagegen ein Umbau mit Einordnung eines neuen Treppenhauses als zweiter baulicher Rettungsweg favorisiert.
Mit der Maßnahme können die benötigten Räume für den Ortschaftsrat geschaffen werden. Auch die Standortsituation in der Gemeindemitte ist für diese Zwecke günstig. Für die Schule ergeben sich neben dem 2. Rettungsweg Vorteile bei der Raumnutzung, da für Speiseraum und angrenzende Unterrichtsräume mehr Platz zur Verfügung stehen.
Link Pressemitteilung der Stadt Chemnitz
*Beschlussanträge*
Auch mit Beschlussanträgen war die Tagesordnung dieses Mal reichlich gesegnet. Auf einige Beschlussanträge soll nachfolgend näher eingegangen werden.
*Auch Mülltrennung will gelernt sein*
Umweltbewusstsein entwickelt und verstetigt sich nicht durch bloße Aufrufe
oder Appelle. Schon der viel zitierte Dr. Faust von Johann Wolfgang von Goethe kam in seinem Studierzimmer zu der Erkenntnis: „Im Anfang war die Tat.“ Das setzt natürlich voraus, dass man die Möglichkeit hat, diese Tat auch zu begehen, im aktuellen Fall die gute Tat. Schon seit längerer Zeit bemühen sich Schülerinnen und Schüler darum, Möglichkeiten für die Mülltrennung in den Schulen zu schaffen. In der Stadtverwaltung wurde die Botschaft zur Kenntnis genommen, mehr aber bisher auch nicht. Für mehrere Fraktionen, auch für die CDU-Ratsfraktion, war dieser Zustand Anlass genug, der Stadtverwaltung für die Realisierung des Ansinnens der Schülerinnen und Schüler durch einen entsprechenden Beschluss ein Mandat zu geben. Der Beschluss soll nicht nur für die Schulen gelten, sondern für alle Gebäude in der Hoheit der Stadtverwaltung. Der eingereichte und verabschiedete Beschlussantrag BA-034/2023 „Mülltrenner in allen kommunalen Schulgebäuden / öffentlichen Gebäuden der SVC“ sieht u.a. vor, dass bei den zukünftigen Ausschreibungen eine getrennte Müllentsorgung mit Wertstoffsammlern zur 3- oder 4-fachen Trennung (mit oder ohne Biomüll) sichergestellt werden kann.
Bislang ist das nicht überall der Fall.
*Mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen*
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie werden wir noch lange Zeit spüren.
Zumindest in dieser Beziehung besteht zwischen denVerantwortungsträgern und der Bevölkerung weitestgehend Einigkeit. Besonderes Augenmerk ist dabei der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu schenken. Viele Eltern und Lehrer nehmen bei diesen beiden Gruppen Veränderungen seit der Corona-Zeit wahr. Als Beispiel werden Depressionen, Angststörungen, Verhaltensstörungen, bipolare Störungen (Ereignisse mit sehr gehobenen und sehr gedrückten Stimmungen) und Psychosen genannt. Der eingereichte Beschlussantrag soll in der Umsetzung Beratungs- und Hilfsangebote aufzeigen und den Zugang zu diesen Angeboten unkompliziert ermöglichen.
Das schließt nicht nur die betroffenen Kinder und Jugendliche ein, sondern auch Eltern und pädagogisches Personal. Aus der Stellungnahme der Verwaltung wird ersichtlich, dass man auch dort bereits die Notwendigkeit für ein schnelles Handeln erkannt hat. Der Beschlussantrag wurde einstimmig bestätigt.
*Haltestelle für Parkeisenbahn an der Leipziger Straße (Küchwaldpark)*
„Wir müssen geeignete Maßnahmen und Lösungen entwickeln, um die Attraktivität der vorhandenen Angebote steigern zu können.“ Vor allem bei Talkshows hat man diesen Satz schon öfters gehört und er beinhaltet in den meisten Fällen keine wirkliche Antwort auf die gestellte Frage.
Im konkreten Fall gibt es allerdings eine Idee zur Verbesserung der Situation, hier ganz speziell im Küchwaldpark. Schon lange hegt man nicht nur bei den Fans der Parkeisenbahn den Wunsch, eine standortnahe Verbindung zwischen der Parkeisenbahn und der Leipziger Straße zu schaffen. Das Prinzip der kurzen Wege könnte dabei nicht nur der Parkeisenbahn zu Gute kommen. Auch das Kosmonautenzentrum „Sigmund Jähn“, die Küchwaldbühne, das Schullandheim oder das Eissportzentrum könnten zumindest mittelbar davon profitieren.
Aus unserer Fraktion hatte Stadträtin Verena Neugebauer-Zeidler die Idee aufgegriffen und gemeinsam mit dem Vorstand der Parkeisenbahn einen Lösungsvorschlag vorbereitet. Nach der Erstellung des Entwurfes konnten wir Stadträte aus anderen Fraktionen gewinnen, um mit uns gemeinsam diesen Beschlussantrag „Haltestelle für die Parkeisenbahn an der Leipziger Straße (Küchwaldpark)“ einzureichen.
Der eingebrachte Beschlussantrag „Haltestelle für Parkeisenbahn an der Leipziger Straße (Küchwaldpark)“ ist ein Prüfauftrag und zumindest räumt die Verwaltung in ihrer Stellungnahme ein, dass das Vorhaben noch im Bereich des Machbaren ist. Jetzt sind Planer und Verwaltung gefordert, die Projektidee mit Daten, Zahlen und Fakten zu untersetzen. Auf die Ergebnisse dürfen wir gespannt sein.